Gastbeitrag: Gegen geheime Interessenvertretung - Lobbykontakte müssen offengelegt werden!

Sie sind Rüstungs- oder Pharmaunternehmer*in? Herzlichen Glückwunsch, Ihre Lobbyverbände zählen zu den einflussreichsten in Berlin. Damit haben Sie gute Chancen, Gesetze zu Ihren Gunsten zu verändern.

Denn: Lobbyismus unterliegt in Deutschland so gut wie keiner Beschränkung. Allein in Berlin arbeiten geschätzt 6.000 Lobbyistinnen. Sie schicken unverlangt Stellungnahmen, beraten Politikerin in Fachfragen oder schreiben an Gesetzestexten mit. Sie sind bestens vernetzt und informiert. Sie haben also maßgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen. Doch der Einfluss bleibt im Verborgenen.

Mögliche Schäden für die Gesellschaft lassen sich nicht beziffern, dürften aber gravierend sein. Denn: Je finanzstärker ein Lobbyakteur ist, desto wahrscheinlicher kann er seine Interessen in der Politik unterbringen. Für viele Menschen ist so etwas ein Grund, sich von der Politik abzuwenden.

Dabei gibt es eine relativ simple Lösung: Transparenz. Wenn die bislang verdeckten Einflussnahmeversuche durch ein verpflichtendes Transparenzgesetz öffentlich wären, würden die Bürgerinnen erfahren, welche Besprechungen von Politikerinnen, in Berlin etwa von Mitgliedern des Senats sowie von Staatssekretärinnen, mit Interessenvertreterinnen stattfinden. Angegeben wären auch Informationen wie Datum, Ort, Dauer, Thema sowie beteiligte Personen, sodass alle erfahren, wo tatsächlich Einfluss genommen wird. Natürlich muss die Politik auch mit Wirtschaftsvertreterinnen sprechen. Denn Gesetzgeberinnen können nicht in allen Bereichen Expertinnen sein. Sie brauchen die Einschätzung von Fachleuten und den direkten Austausch mit allen Beteiligten. So kann nach Abwägung aller Argumente eine unabhängige Entscheidung getroffen werden. Aber es kommt mit Lobbyismus auf das Verhältnis an. Wenn bekannt ist, welche Interessen eine Politikerin berücksichtigt, dann fällt auch auf, welche Interessen fehlen. Trifft sich zum Beispiel eine Politikerin nur mit Industrie-, aber nicht mit Umweltvertreterinnen, können Wähler*in entscheiden, ob ihre Interessen ausreichend berücksichtigt wurden.

Ein Lobbyregister wirkt präventiv, um die Vielfalt von Interessen zu stärken, statt lediglich die lauteste oder teuerste zu berücksichtigen. Es stärkt das Vertrauen in unsere Abgeordneten und Parlamente. Es stärkt die Bürgerinnen und Bürger bei ihrer Wahlentscheidung.

Deswegen unterstützt abgeordnetenwatch.de das Bündnis für ein Berliner Transparenzgesetz.

Info zur Autorin: Léa Briand ist Sprecherin der Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de tätig, deren Petition zur Einführung eines Lobbyregisters von bereits knapp 270.000 Bürger*innen unterschrieben wurde: https://www.abgeordnetenwatch.de/bundestag/petitionen/schluss-mit-geheimem-lobbyismus